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Und
dann können Sie‘s ausprobieren mit vier und fünf
Punkten, und dann sehen sie ja, dass die Zahl sehr schnell wächst
– und dann frage ich: Wieviel Punkte müsste ich
nehmen, damit die Zahl der verschiedenen Strichmuster größer
ist als die Zahl der Atome im Weltall? – Und die Antwort
ist: Vierundzwanzig. Ja, also wenn ich vierundzwanzig Punkte habe
(zehn und zehn und vier), stellen Sie sich vor alle möglichen
Strichmuster durch gerade Striche zwischen Punkten, wo ich
Striche ziehe oder nicht, und diese Zahl der verschieden
Möglichkeiten ist bereits für vierundzwanzig Punkte
größer als die Zahl der Atome im Weltall – eine
Eins mit achtzig Nullen, so in der Gegend. Und das heißt,
die Frage ist nicht etwa: Wie kann denn das, was heute die Welt
ist – bis hin zu uns – wie kann denn das in diesem
simplen Weltbild Wirklichkeit werden oder Wirklichkeit sein? So
etwas Komplexes, wie kann das denn aus dieser lächerlichen
Materie in Raum und Zeit gebildet werden? Das geht doch gar
nicht.
Nun, das ist eine falsche Vorstellung; Sie sehen,
die Menge der Möglichkeiten ist schon für ein paar
Punkte so groß, das natürlich die Möglichkeit des
Menschen nichts ist, wo man sagen könnte, die Welt ist zu
arm dafür. Was ist ein Mensch? Ein Mensch hat in seinem Hirn
vielleicht fünfzig Milliarden Nervenzellen, das sind keine
Punkte, das sind hochkomplexe Organe und jede davon ist mit
einigen zigtausend anderen solchen Nervenzellen durch komplexe
Organe verknüpft, Nervenfasern und Synapsen. Jetzt stellen
Sie sich vor: Was hat ein solches Hirn für Möglichkeiten?
Die Menge ist unerschöpflich, also arm ist diese materielle
Welt in Raum und Zeit überhaupt nicht. Die Frage ist
vielmehr: Wie kann es denn sein, dass diese phantastischen
Möglichkeiten, die wir darstellen, dass die gefunden worden
sind in dieser ungeheuren Menge von Möglichkeiten? Wieso ist
denn gerade das gefunden worden, wo es doch so unglaublich simpel
angefangen hat? Und darauf ist die Antwort eben: Ja,
der Aufstieg zu höherer Komplexität ist aus logischen
Gründen wahrscheinlich.
Was
heißt Komplexität? Es heißt, dass alles
miteinander auf raffinierte Weise verflochten ist.
Complexere heißt flechten, das lateinische Wort ist
dasselbe Wort wie unseres. Wenn etwas gut miteinander verflochten
ist, dann heißt das: Es passt besser zusammen, und das
heißt, es ist wahrscheinlich überlebensfähiger,
und deshalb überlebt es wahrscheinlich. Sie sehen, das
Prinzip der Schöpfung ist nichts anderes als eine logische
Selbstverständlichkeit, dass nämlich wahrscheinlich
Wahrscheinlicheres geschieht, das wahrscheinlich
Überlebensfähigeres überlebt. Das genügt.
Dieses Reich der Möglichkeiten, in das hinein sich die
Wirklichkeit ihren Weg sucht – mit der Zeit – ist
unendlich reich. Sie sehen ja, wir gehören dazu und alle
unsere Gedanken und unsere Utopien; denn was ist eine Utopie? Das
sind Gedanken von Menschen über Wirklichkeit. Wie sind diese
Gedanken verwirklicht? Durch Aktivität in unseren Köpfen.
Das ist materielle Wirklichkeit in Raum und Zeit. Das, was in
menschlichen Köpfen geschieht und dann eventuell auf Papier
kommt oder auf Tonbänder oder im Fernsehen in Bildern, das
ist alles ganz gewöhnliche Materie in Raum und Zeit von
seiner unendlichen Komplexität. Nun, jetzt sehen wir aber
doch, es passt jetzt nicht mehr so toll zusammen; es droht kaputt
zu gehen.
Kommen wir gleich drauf. Wir haben ja jetzt das
Gefühl, Komplexität wird abgebaut; aber schauen wir
noch einmal ganz kurz, wie das angefangen hat: Am Anfang gibt‘s
noch nicht mal die Elementarteilchen. Das wissen wir heute, in
den ersten Sekundenbruchteilen dieser Welt gibt es noch nicht mal
Elementarteilchen; es ist alles noch einfacher. Da ist nur diese
eine Idee, da ist alles so dicht und heiß und gleichmäßig
wie möglich. Und dann zappelt diese Wirklichkeit herum und
findet dabei in der Menge der Möglichkeiten Gestalten, in
deren Nähe sie gerne bleibt. Gestalten, die sich bewähren,
nämlich bestimmte Sorten von Elementarteilchen. Da gibt‘s
ungeheuer viele verschiedene. Fast alle verschwinden sofort
wieder, weil sie keine Überlebensfähigkeit haben. Sie
leben nur ganz kurz und sind gleich wieder weg. Aber einige,
stellt sich heraus, sind ganz wunderbar zusammenpassend
konstruiert und leben Milliarden und Milliarden von Jahren,
nämlich das Proton und das Elektron und das Neutron und das
Neutrino und die elektromagnetische Strahlung, ein paar solcher
Sachen, ganz wenige Dinge. Und das findet die Wirklichkeit bei
ihrem Gezappel in diesem allerersten Moment der Welt. Sie findet
Gestalten, in deren Nähe sie bleiben kann, und dann bleibt
sie da, weil das wahrscheinlich ist.
Nun, wenn wir das
anschauen in der Menge der Möglichkeiten, wenn wir uns diese
Menge der Möglichkeiten als einen Raum vorstellen, in dem
sozusagen diese möglichen Gestalten vorhanden sind als
mathematische geistige Gestalten, dann sehen wir, die
Wirklichkeit kommt in den Einzugsbereich solcher Gestalten im
Reich der Möglichkeiten. Wir können dieses Reich der
Möglichkeiten also auch nennen den Himmel oder die geistige
Welt oder das Jenseits, wenn wir wollen. Das ist die Menge der
geistigen Möglichkeiten, denen die Wirklichkeit bei ihrem
Gezappel nahe kommt. Und sie sucht, nein sie sucht nicht, sie
findet dabei die, die sich bewähren können.
[...]
sind das die materiellen Gestalten, die bis heute geblieben sind,
die Elementarteilchen. Und so geht das dann weiter. Wir können
dann – das verstehen wir also noch recht gut, da können
wir noch eine Menge nachrechnen – da können wir
fragen: Ja, wie geht es denn nun weiter? Da fliegen also dann am
Abend des ersten Schöpfungstages die Protonen und Neutronen
und Elektronen usw. herum, ja, wie kommen wir jetzt zustande? Wie
geht‘s denn weiter? Wir sehen, da passiert ein paar
hunderttausend Jahre lang überhaupt nichts interessantes. Da
fliegen einfach Teilchen herum, stoßen sich gelegentlich,
finden aber keine bessere, komplexere Gestalt. Da könnte man
sagen: Na gut, die Welt ist fertig. Da könnte am Abend
dieses ersten Schöpfungstages dastehen: Und siehe da, es war
sehr gut, hat sich bewährt, funktioniert alles. Diese
Attraktoren im Reich der Möglichkeiten werden nicht wieder
verlassen, wunderbare attraktive Gestalt, da fliegen Teilchen
herum. Ein bisschen arm, nicht. Und wir wissen ja auch, dass es
dabei nicht geblieben ist.
Nun, was passiert? Warum bricht
ein neuer Schöpfungstag an? Weil: Durch die Ausdehnung der
Welt kühlt sich dieses Gemisch aus Teilchen und Strahlung ab
und die physikalischen Gesetze sorgen dafür, dass, wenn die
Temperatur unter ein paar tausend Grad sinkt, dann merken auf
einmal einige von diesen Teilchen, dass sie noch was anderes
machen können als bloß herumfliegen und
zusammenstoßen, nämlich, dann merken die Protonen und
die Elektronen, dass sie dauernd so [kreisende Handbewegung]
machen können, das heißt da ist eine Gestalt im Reich
der Möglichkeiten gefunden worden, die vorher natürlich
als Möglichkeit auch schon da war, aber wenn die
Wirklichkeit in ihre Nähe kam, ist sie sofort wieder
rausgesprungen, konnte nicht dableiben. Aber wenn die Temperatur
genügend gesunken ist durch die Ausdehnung der Welt, dann
merkt auf einmal die Wirklichkeit: Ach ja, das ist besser! Das
bewährt sich! Es bilden sich Atome von Wasserstoff, wo ein
Wasserstoffatomkern, also ein Proton, umkreist wird von einem
Elektron – und das hat eine gewaltige Wirkung auf die
Zukunft. Jetzt stellt nämlich diese Art von Materie fest,
dass sie noch etwas ganz anderes machen kann, als willkürlich
herumfliegen. Sie stellt nämlich fest, dass sie ihrer
Schwerkraft folgen muss und Klumpen bilden muss. Vorher konnte
die Materie das nicht. Sie fliegt auseinander durch diesen
Anfangsschwung, den sie im Urknall mitgekriegt hat, und sie
fliegt wirr durcheinander, und wenn Materie unter ihrer
Schwerkraft Klumpen bilden will, wird sie sofort durch die starke
Strahlung, die da vorhanden ist, wieder auseinander geblasen und
es passiert nichts. Aber, wenn sie genügend kühl
geworden ist, auf einmal, wird sie von dieser Strahlung
abgekoppelt; wenn nämlich das Wasserstoffatom sich gebildet
hat, dann ist es nicht mehr an diese Strahlung angebunden und
kann sich deshalb nach anderen Gesetzen bewegen, und es folgt nun
der Schwerkraft und fängt an, Klumpen zu bilden. und es
entstehen Milchstraßensysteme, und in den
Milchstraßensystemen Sterne, und in der Umgebung von
Sternen Planeten – und Sie wissen, wie das weitergeht!
Und
da sehen wir, die Möglichkeiten ändern sich nicht, aber
die Erreichbarkeit von Möglichkeiten ändert sich in
diesem Prozess. Die Wirklichkeit zappelt herum in ihrer
Nachbarschaft, aber dadurch, dass sie im Reich der Möglichkeiten
vorankommt, ändert sich diese Nachbarschaft. Und auf einmal,
am zweiten Schöpfungstag, sind andere Gestalten erreichbar.
Und nun entstehen die Milchstraßensysteme und die Sterne,
und so geht das weiter.
Nun, dieses Bild der
Schöpfungstage ist sehr gut gesehen; tatsächlich ist es
nämlich so, dass die Wirklichkeit bei ihrem Fortschritt im
Reich der Möglichkeiten nicht ganz gleichmäßig
vorankommt, sondern es passieren manchmal größere
Zufälle, die plötzlich einen Bereich eröffnen,
der vorher nicht erreicht wurde. Beispiel: Gehen wir mal schon an
den vorletzten Schöpfungstag, an den sechsten: Da
trifft ein großer Stein die Erde; er ist so groß wie
der Montblanc und löscht die meisten größeren
Arten aus, die es auf der Erde gibt. Das war ungefähr vor 65
Millionen Jahren, da hat ein Stein von ungefähr zehn
Kilometer Durchmesser die Erde getroffen. Solche Dinger fliegen
eine ganze Menge herum im Planetensystem, das ist auch früher
schon vorgekommen, und da sterben die Saurier aus und die anderen
großen Arten. Und das ist nun ein ganz besonders großer
Zufall von außen, da wird das Leben auf der Erde ganz
radikal beeinflusst. Die Folge ist die Eröffnung eines neuen
Schöpfungstages; nämlich, diese Schwankung war so groß,
dass nun plötzlich eine Gestalt erreichbar wird, die vorher
sehr unwahrscheinlich zu erreichen war, nämlich diese
Entwicklung des Großhirns zu uns hin. Vorher, die Saurier
und was da so war, die haben recht gut zusammengepasst; es war
eine wunderbare Biosphäre. Aber die Säugetiere haben
doch ein Kümmerdasein geführt und konnten nicht
wirklich hochkommen in dieser Umgebung. Aber als die Großen
alle weggefegt worden sind durch dieses Unfallereignis, war auf
einmal eine Menge von Spielraum eröffnet, in das hinein die
biologische Evolution viele, viele neue Versuche machen konnte,
und dabei wird das menschliche Großhirn gefunden, nicht
sofort, der Keim ist ja schon gelegt, das Gehirn ist ja schon
viel älter, und da wird nun also dieser jüngste
Schöpfungstag eröffnet. Und wenn wir das anschauen, was
ist das Prinzip des Übergangs? Sozusagen: Am Abend eines
solchen Tages hat dieser Abtastprozess so lange Zeit gehabt zu
arbeiten, dass nun wirklich alles gut zusammenpasst, und es
scheint ein stabiler, langfristig lebensfähiger Zustand
gefunden zu sein. Ich benutze absichtlich die Worte, die Bene
Müller vorhin auch benutzt hat, aber wir wissen, im Reich
der Möglichkeiten gibt‘s noch viel mehr. Zum Beispiel:
Am Abend dieses Tages, da, wo die Saurier und diese Biosphäre
wunderbar zu sein scheint, scheint alles zusammenzupassen, und es
steht dann auch da: Siehe da, es war sehr gut! Aber durch den
Unfall – oder es kann auch durch innere große
Schwankungen geschehen – gerät die Wirklichkeit in den
Einzugsbereich einer neuen attraktiven Gestalt, die bisher nicht
erreicht worden ist. Und dadurch kann also ein ganzer Sturm von
Innovationen ausgelöst werden, wo plötzlich sehr, sehr
viel Neues gefunden wird und ausprobiert werden muss, ob‘s
zusammenpasst. Und dabei geht ganz vieles unter. Und trotzdem
wird im Prozess dieses Untergehens das, was überlebensfähig
ist, bleiben. Und am Abend steht wieder da: Siehe da, es war sehr
gut! Und wenn wir die Geschichte anschauen, dann sehen wir, es
ist insgesamt in diesem Prozess immer aufwärts gegangen zu
höherer Komplexität.
Jetzt könnten wir uns
also zufrieden zurücklehnen und sagen: Gott sei Dank, die
Schöpfung führt aufwärts aus logischen Gründen
und da brauchen wir uns nicht drum zu kümmern. Das wäre
nun der Irrtum; denn heute findet der Schöpfungsprozess IN
UNS statt. WIR sind das, was zappelt und bestimmt, wo es hinläuft
auf der Erde.
Und da sehen wir nun eben: Verdammt noch
mal, es scheint schiefzugehen, was wir hier machen. Es sterben
jede Stunde zehn lebendige Arten aus. Wir bauen die Ozonschicht
ab, die im Laufe von hunderten Millionen Jahren vom Lebendigen
geschaffen worden ist und die dazu geführt hat, dass das
Leben noch höher klettern konnte in diesem Tastprozess, weil
das ultraviolette Licht der Sonne dadurch gefiltert wurde, und
deshalb konnte das Leben noch höher klettern, das heißt
das Leben hat selbst die Voraussetzungen geschaffen, die ganze
Biosphäre hat daran gearbeitet, neue Bedingungen zu
schaffen, die dazu geführt haben, dass es noch höher
ging. Und dann kommen wir daher und machen in wenigen Jahrzehnten
diese Schicht kaputt. Es ist natürlich, erst mal denkt jeder
dran: Um Gottes willen, ich muss Sonnencreme draufschmieren oder
einen Sonnenschirm tragen! – Aber was macht der Rest der
Biosphäre bei dieser stärkeren ultravioletten
Strahlung? Er kann sich nicht schützen und es werden ganz
große Zusammenbrüche in der Lebenswelt geschehen. Oder
was machen wir? Jeder von uns setzt jeden Tag die Hälfte
seines Körpergewichts an Kohlendioxid in die Atmosphäre
frei durch seine Teilnahme an dieser sogenannten Zivilisation.
Das ist unser Energieverbrauch und bedeutet: Jeder Deutsche setzt
jeden Tag die Hälfte seines eigenen Körpergewichts an
Kohlendioxidgas in die Atmosphäre frei und die Amerikaner
sogar das ganze eigene Körpergewicht. Dort redet man noch
weniger darüber als bei uns. Und wenn ein paar Pfennig
Steuer daraufgesetzt werden sollen, dann geht ein großes
Gezeter los, als ob die Welt untergehen müsste. Und dabei
droht natürlich die Welt genau dadurch unterzugehen, dass
wir es schaffen, innerhalb weniger Jahrzehnte das Klima der Erde
umzustürzen. Und was dabei herauskommt, kann man zwar
schlecht vorhersagen, weil es außerordentlich kompliziert
ist, aber dass es wahrscheinlich nicht gut geht, ist schon aus
logischen Gründen klar.
Gut, also der Mensch ist die
bisherige Krone der Schöpfung in diesem Tastprozess, mit dem
die Wirklichkeit ins Reich der Möglichkeiten aufsteigt, in
eine höhere Komplexität. Der Mensch steht also auf der
Erde und jetzt am Ende dieses Prozesses, und es scheint auf
einmal nicht mehr sicher, dass das lebensfähig ist. Warum?
Nun, es ist völlig klar, die Organisation in größerem
Maßstab hat einen selektiven Vorteil und die höhere
Innovationsgeschwindigkeit hat einen selektiven Vorteil in diesem
Prozess, und deshalb muss dieser Aufstieg immer globaler und
immer schneller werden. Und das wird er auch. Und das ist auch
schon vor dem Menschen so, weil, das ist logisch, das ist ein
logischer selektiver Vorteil, dass in diesem Tastprozess, wenn
Gestalten gefunden worden sind, von denen aus schneller im Reich
der Möglichkeiten vorangestürmt werden kann, dann
übernehmen die die Führung, das ist logische
Selbstverständlichkeit. Und deshalb wird der Prozess des
Voranstürmens ins Reich der Möglichkeiten immer
schneller. Die Innovationsgeschwindigkeit steigt.
Und wenn
auf einem runden Planeten, also in einem räumlich endlichen
Bereich, dieser Prozess stattfindet, dann führt das
zwangsläufig dazu, dass die Organisation des Fortschritts
immer einheitlicher wird bis hin zur Globalität. Auch das
ist logisch unvermeidbar, weil das Große und das Schnelle
einen Vorteil haben, und deshalb muss es immer größer
und immer schneller werden. Das Dumme ist nur: Das kann nicht so
weitergehen, denn es gibt kritische Grenzen für beides.
Klar, nicht wahr, globaler als global kann‘s nicht
werden!
Und was ist die kritische Grenze für die
Innovationsgeschwindigkeit? Es ist auch ganz, ganz einfach zu
verstehen; es redet bloß keiner drüber, weil es
schreckliche Folgen hat für unsere heutigen Leitideen. Was
ist die logische Grenze der Innovationsgeschwindigkeit in diesem
Prozess? Also wie schnell können die Anführer in diesem
Suchprozess im Reich der Möglichkeiten voranstürmen, so
dass es wahrscheinlich gut geht?
Nun, Fortschritt findet
natürlich immer statt. Das ist ja nichts anderes als die
Zeit. Die Zeit schreitet fort. Die Frage ist nur: Führt der
Fortschritt aufwärts zu höherer Komplexität oder
führt er vielleicht abwärts zu Zusammenbrüchen?
Nun, Abwärtsführen, das passiert in der Natur ständig,
lokal völlig normal. Fast alles, was geschieht, ist ein
Irrtum und verschwindet wieder. Fast alle lebendigen Arten sind
wieder verschwunden und durch noch besser zusammenpassende
ersetzt worden. Auch bei der Entstehung von Milchstraßensystemen
kann die Sache schon schiefgehen und es kann plötzlich die
ganze Materie, statt sich auf so eine ganz schöne attraktive
Bahn zu begeben, in der sie zigmilliarden Jahre immerfort
rotieren kann in einem Milchstraßensystem, kann‘s
auch schiefgehen, kann‘s auch passieren, dass die Materie
einer anderen Idee folgt, weil sie zu einheitlich organisiert
war, und das Ganze wird ein schwarzes Loch, das Allersimpelste,
was in der Realität überhaupt noch gefunden werden
kann; es ist fast so simpel wie der Urknall selber. Das kann
passieren, ist auch passiert. Wir wissen heute, dass ganz viele
Milchstraßensysteme solche schwarzen Löcher geworden
sind oder in ihrem Zentrum gebildet haben. Das kann passieren.
Nun, warum gibt es trotzdem so viel interessante Vielfalt in der
Welt? Ja, weil so ungeheuer viele verschiedene Versuche gemacht
werden konnten. Und warum ist nicht alles schnell in ein
schwarzes Loch gefallen? Ja, weil es eben bewährungsfähige
Gestalten in der Nähe gibt, die gefunden werden können.
Und bewährungsfähig heißt, dass eben genügend
lange nachgeprüft wird ob‘s lebensfähig ist oder
nicht.
Nun, wenn neu gefundene Gestalten, attraktive
Gestalten, in deren Nähe die Wirklichkeit gerät, wenn
die durch den Innovationsdrang, durch dieses Gezappel, durch
dieses Voranstürmen im Reich der Möglichkeiten, sofort
wieder verlassen werden können, ja, dann sind sie halt nicht
bewährungsfähig. Lauter logische
Selbstverständlichkeiten. Und wo ist da die Grenze, wann
kann ich etwas eine bewährungsfähige Gestalt nennen und
wann nicht? Das ist völlig klar. Alle attraktiven Gestalten,
die wir in der Welt vorfinden als Ergebnisse dieser verschiedenen
Schöpfungstage, das sind alles zyklische Gestalten, nämlich
welche, wo immer wieder so [kreisende Handbewegung] gemacht
wird.
Ja, das ist ja genau die Bewährung, dass eben
lange immer wieder etwas ähnliches geschehen soll. Nun, was
sind wir für Gestalten? Was ist der Mensch? Er ist auch eine
zyklische Gestalt, nämlich, ich werde geboren, kriege dabei
mit – als Ergebnis früherer Schöpfungstage –
lauter gelungene Dinge, von denen wir wissen, dass sie
langfristig funktionieren, nämlich die Elementarteilchen,
die Prinzipien der Chemie (hat sich alles nicht geändert
seit dem Anfang), die Sprache des genetischen Codes, das Prinzip
der lebendigen Zelle, das Prinzip des vielzelligen Organismus,
die vielen Organe, das Prinzip des Großhirns – das
alles, die biologische Entwicklung, kriege ich alles mit bei
meiner Geburt.
Lauter funktionierende zyklische Gestalten,
in denen immer wieder das gleiche geschieht im wesentlichen, und
dann komme ich auf die Welt: Jetzt kriege ich mit die Sprache von
meinen Eltern, die Gewohnheiten, die bewährten kulturellen
Gewohnheiten, das heißt die Ethik; Sie wissen, das Wort
Ethik kommt von dem griechischen Wort Ethos, und Ethos heißt:
die Gewohnheit. Ja, was soll‘s denn sonst auch heißen?
Woher wissen wir denn, was gut ist oder nicht? Es ist das gut,
was sich bewährt hat. Warum hat sich‘s bewährt?
Weil man‘s lange Zeit immer wieder machen konnte, nicht
wahr, das heißt es ist eine zyklische lebensfähige
Gestalt im Reich der Möglichkeiten gefunden worden von der
Wirklichkeit. So, das ist die Ethik. Und so sind auf der Erde
Kulturen entstanden, das heißt Tastversuche, bei denen
räumlich begrenzte Gruppen von Menschen versucht haben,
Gestalten zu finden, indem sie viele, viele Generationen immer
wieder so machen konnten. Und jetzt sehen wir sofort, was die
Grenze ist, die kritische Grenzgeschwindigkeit. Ja, ich komme
also auf die Welt, kriege das alles mit und so weiter, und wenn
ich das alles mitgekriegt habe, dann zappele ich natürlich
immer noch weiter in meinem Kopf. Das sehen Sie ja, jetzt zappele
ich sogar mit den Händen. Frage: Ob das alles zusammenpasst?
Und wenn‘s mir gelingt, etwas zu finden, wo es noch ein
bisschen besser zusammenpasst, dann stelle ich mich hierher und
sag‘s Ihnen und dann verschwinde ich wieder und überlass
das meinen Kindern und meinen Schülern. Und dann ist dieser
Zyklus einmal vollendet. Jetzt fangen die wieder an und das geht
so weiter.
Wir sehen, dieser Zyklus ist der Zyklus der
Bewährung des Menschen in dieser Nachbarschaft im Reich
seiner Möglichkeiten. Und wenn wir es schaffen, innerhalb
dieser Zykluszeit ganz woanders hinzuspringen im Reich der
Möglichkeiten, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass dabei
eine bewährungsfähige Gestalt gefunden wird, praktisch
null. Das kann nicht gutgehen. Das ist ein logischer Widerspruch.
Die Vorstellung, dass in Eile die Welt verbessert werden könnte
durch diesen Tastprozess, das ist ein logischer Widerspruch. Das
geht gar nicht und deshalb geht die Sache schief.
Aber –
peinlich – ich habe doch eben gesagt, das war logisch
unvermeidbar, es musste so kommen, und es hört sich nun ganz
so an, als hätte ich ihnen gerade bewiesen, dass das der
Untergang ist, nicht? Es muss die Menschheit nach der Entdeckung
des Großhirns, was so schnell vorankommt im Reich der
Möglichkeiten, muss es immer schneller, globaler werden, bis
die globale Fortschrittsgeschwindigkeit die kritische
Innovationsgeschwindigkeit überschreitet, bis also innerhalb
einer Menschengeneration alles ganz anders ist. Und das ist ja
jetzt so. Ich habe ja diese Entdeckung gemacht in der Mitte
meines Lebens; jetzt bin ich schon ein ganzes Stück drüber
raus, wie ich gemerkt habe, dass alles das, was ich lieben
gelernt hatte, ja schon wieder weg war. Aber diese Erfahrung
machen heute die Menschen schon am Ende ihrer Schulzeit. Wofür
ich mein halbes Leben gebraucht habe, das geht meinen Kindern
jetzt so am Ende der Schulzeit. Ja, da ist ja nächstes Jahr
schon wieder alles zum Wegschmeissen, nicht?
Gut, jetzt
haben wir verstanden, was logisch die Ursache für dieses
Scheitern ist. Warum eben jetzt stündlich zehn Arten
aussterben und wir sogar das Klima der Erde umwerfen und die
Böden wegschwemmen und vergiften und alles das, was eben die
ökologische Diskussion ist, und auf diese Dinge wird ja hier
in den nächsten Tagen in vielen Details eingegangen werden.
Aber jetzt habe ich versucht, erstmal sozusagen als Grundlage zu
sagen: Wir verstehen, warum das so kommen musste! Das haben die
Menschen auch früher schon verstanden, als sie noch nichts
von Wissenschaft und Systemtheorie verstanden haben, denn das ist
ganz leicht zu verstehen. Da muss man nicht lange drüber
nachdenken; man muss nur hinschauen auf die Welt, dann sieht man,
dass der Mensch in dieser Gefahr ist. Und deshalb ist ja auch in
allen Schöpfungsmythen, die auf der Erde entstanden sind in
den verschiedenen Kulturen, überall diese Idee enthalten des
Scheiterns des Menschen durch – ja, da ist so eine geistige
Gestalt im Reich der Möglichkeiten, nämlich dieser
Engel, der gesehen hat, wie alles funktioniert, und der den
Menschen nun das Licht bringt: Luzifer, der Lichtbringer. Oder
Prometheus, der Vordenker, heißt er auf griechisch, der den
Menschen das Feuer vom Himmel gebracht hat. Der hat gesehen, wie
es funktioniert, der hat nun gesehen, wie Elementarteilchen
funktionieren und Atome und die Chemie und der genetische Code
und die Verschmelzung von Zellen und das Wachstum von Organen,
und wie das Gehirn funktioniert und die ganze Gesellschaft, der
Markt, die Werbung usw.; dann sagt er: Wieso soll ich da solange
warten, das kann ich doch viel schneller. Ich hab doch alles
verstanden. Und bekanntlich, in allen Schöpfungsmythen, ist
ganz klar gesagt: Das geht nicht gut! Der fällt immer runter
oder er wird immer angekettet – in unserem Mythos fällt
er runter und hat hinterher einen anderen Namen und heißt
nicht mehr der Lichtbringer, sondern der Durcheinanderwerfer,
Diabolos. Teufel; Diabolos heißt: der
Durcheinanderwerfer.
Nun, kein Wunder, klar, er hat
gesehen, nach welchen Gesetzen die Sache entstanden ist, aber er
hat vergessen, dass für die Bewährung Zeit gebraucht
wird; nämlich: ich muss abwarten, ob ich denn überhaupt
mehrmals herumkomme, ob‘s denn lebensfähig ist, und
ich muss viele, viele verschiedene Versuche, unabhängige
Versuche, machen, damit die Wahrscheinlichkeit überhaupt
gegeben ist, damit ich hier in der Nachbarschaft im Reich der
Möglichkeiten lebensfähige, attraktive Gestalten finde.
Und die Entstehung des Menschen bedeutet, dass es nun
wahrscheinlich, ja notwendig geworden ist, dass diese beiden
logischen Bedingungen erfolgreichen Fortschritts von innen heraus
zerstört werden. Die Innovationsgeschwindigkeit muss
wachsen, und die Globalität wächst bis an die
kritischen Grenzen, und deshalb droht der Untergang. Das konnte
nicht vorher passieren; das Leben konnte diese Gefahr nicht
heraufbeschwören.
Wenn wir es anschauen, genauer, wie
denn der Fortschritt im lebendigen Leben geschieht, dann sehen
wir sofort: Der Fortschritt in der Biosphäre vor dem
Menschen, der geschieht dadurch, dass ein Teilchen der
Höhenstrahlung in einen Zellkern kommt und dort einen
kleinen Schaden an einem Gen anrichtet oder dass ein Giftmolekül
in einen Zellkern hereinkommt und macht eben dort auch so einen
kleinen Schaden. Und jetzt ist irgendein kleiner Schaden; er muss
ganz klein sein, sonst ist sowieso kein lebensfähiger
Nachkomme da. Aber wenn der Schaden klein genug ist, dann kommt
also nun ein lebensfähiger Nachkomme, und der muss nun
ausprobieren, ob dieser kleine Schaden ein Schaden ist oder
vielleicht sogar ein Nutzen. Es ist zum Beispiel, wenn ein Gen
verändert ist, ein Eiweiß in der Zelle ein bisschen
anders, ein Enzym wirkt ein bisschen besser oder schlechter in
der Verdauung oder in der Fortpflanzung oder anderswo. Und jetzt
muss das ausprobiert werden in diesen Nachkommen und in dessen
Nachkommen und in deren Nachkommen über viele, viele
Generationen hin. Bevor diese Mutation getestet ist, ob‘s
denn nun zusammenpasst mit dem Bisherigen, ob das Neue mit dem
Alten zusammenpasst, das wird über viele Generationen hinweg
getestet, und deshalb führt dieser Prozess der biologischen
Evolution durch Versuch und Irrtum, durch Mutation und Selektion,
aufwärts zu immer besserem Zusammenpassen, weil immer
genügend Zeit ist, genügend viele verschiedene Versuche
gemacht werden.
Erst mit dem Menschen werden diese
logischen Voraussetzungen zerstört. Der Mensch kann, bevor
er auch nur einmal herum ist in diesem Generationszyklus, schon
wieder ganz was Neues machen, ganz was anderes, und das auch
gleich noch global. Ja, wenn er es nur lokal machen würde,
dann wäre das nicht so schlimm, dann führt eben das
Scheitern zum lokalen Untergang, dann kommt eben von draußen
wieder etwas herein, was die Lebensfähigkeit zunächst
mal wieder mitbringt. Aber dadurch, dass eben diese kritische
Innovationsgeschwindigkeit schließlich global überschritten
werden muss, droht nun wirklich der globale Untergang des
Menschen und sogar der oberen Stockwerke der Biosphäre, denn
die reißen wir ja gleich mit dabei ein.
So, und
jetzt muss ich mir natürlich noch ein bisschen Zeit nehmen,
klarzumachen, was daraus folgt. Ich habe ja dieses Phänomen
nicht den Untergang genannt, sondern die globale
Beschleunigungskrise.
Das
was ich jetzt hier versucht habe klarzumachen, das ist sozusagen
die systemtheoretische Sicht auf die Gründe, wie das
Prinzip der Schöpfung in diese Krise führt, in der die
Globalität erreicht wird und zugleich die kritische
Innovationsgeschwindigkeit überschritten wird. Das ist die
globale Beschleunigungskrise, das ist ein singulärer Moment,
ein einzigartiger Moment in der Geschichte der Erde, der bisher
nicht erreicht werden konnte, und wir erreichen ihn und stehen am
Höhepunkt dieser Krise.
Nun, ich nenne es eben Krise,
weil ich offensichtlich behaupten will, dass sie überwindbar
ist. Krise heißt nämlich, das griechische Wort Krise,
heißt: Entscheidung. Sonst hätte ich sie ja gleich den
Untergang genannt, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass es
weitergehen kann. Nun, wie passt das zusammen?
Der
Höhepunkt dieser Krise muss aus logischen Gründen
erreicht werden, und trotzdem gibt es einen Weg hindurch. Wir
können durch diese Krise hindurch. Wie? Völlig klar:
Wie ist denn der Weg in diese Krise organisiert worden? Nur durch
unsere höheren geistigen Fähigkeiten. Ohne die
Wissenschaft und Technik hätten wir das nicht geschafft.
Bevor nicht irgendwo auf der Erde irgendeine Kultur diese Moderne
entwickelt hat, wäre das Überschreiten der kritischen
Geschwindigkeit und das Erreichen der Globalität nicht
möglich gewesen, das heißt das ganze Phänomen der
globalen Beschleunigungskrise ist organisiert in unseren höchsten
geistigen Fähigkeiten, in unserem Bewusstsein, in unserem
bewussten Denken und Rechnen und Planen und in unserem guten
Willen und guten Gewissen usw. Es ist nicht ein biologisches
Phänomen, es ist ein geistiges Phänomen, es ist etwas,
was in unseren höchsten Fähigkeiten organisiert ist.
Und nun sehen wir auf einmal: Ach so, ja auf diesem Niveau können
wir in der Tat die Krise überwinden. Was müssen wir
denn tun? Ja, wir müssen den selektiven Vorteil des Großen
und des Schnellen verfassungsmäßig
abschaffen.
Dadurch, dass alle Menschen ein Gehirn haben
und das verstehen können, können wir, wenn wir die
Menschheit entsprechend organisieren, also wenn die Mehrheit der
Menschen einsieht, was das Problem ist, dann kann die Mehrheit
der Menschheit sich eine Verfassung geben, in der das Große
und das Schnelle keinen Vorteil haben, sondern in der garantiert
ist, das die Ergebnisse der früheren Schöpfungstage
nicht abgebaut und vernichtet werden, in denen der Mensch sich
zufrieden gibt mit dem, was er ist, und sagt: Der Bereich im
Reich der Möglichkeiten, in dem ich wahrscheinlich
vorankommen kann ohne die eigenen Wurzeln abzubauen, der ist doch
viel schöner, viel größer und viel höher.
Das ist alles nichts Neues; es ist das, was die Anführer,
die geistigen Anführer der Menschheit seit einigen
Jahrtausenden gepredigt haben. Der Mensch ist an einer anderen
Front im Reich der Möglichkeiten, der muss nicht mit den
Elementarteilchen die Welt verändern und mit den neuen
Nukliden und mit den neuen Kombinationen von Genen und mit immer
neuen Chemikalien – wir erzeugen ungefähr genauso
viele neue Chemikalien, wie wir Arten ausrotten. Jede Stunde ein
paar neue Chemikalien auf der Erde, und jeder Chemiker, der eine
findet, ist stolz und sagt: Schau, was ich gefunden habe; etwas,
das hat‘s im ganzen Universum noch nicht gegeben! Warum ist
er denn da stolz? Ja, im Reich der Möglichkeiten gab‘s
das schon immer, klar. Die Frage ist: Passt es zusammen mit dem,
was hier auf der Erde über Jahrmilliarden entstanden ist?
Und es ist eben bei den meisten solchen Stoffen aus rein
logischen Wahrscheinlichkeitsgründen klar, dass das
wahrscheinlich nicht zusammenpasst, sonst wäre es nämlich
im allgemeinen Gezappel auch gefunden und genutzt worden. Dass
also in der Atmosphäre früher keine FCKWs vorkamen und
dass die FCKWs vielleicht nirgends im Universum vorkommen, obwohl
sie so unglaublich simple chemische Verbindungen sind, das zeigt
eben, sie passen nicht zusammen mit der höheren Entwicklung
von Leben auf der Erde. Wenn das in den dreißiger Jahren
irgend jemand gesagt hätte, dann hätte man gesagt:
Panikmache, Spinner. Nun, wir haben das jetzt besser verstanden,
man braucht Zeit, um zu sehen, ob sich etwas bewährt oder
nicht.
Wie können die Menschen den Antrieb in diese
Krise jetzt beenden? Warum haben sie‘s denn früher
nicht gekonnt? Die religiösen Anführer und die
Philosophen predigen seit Jahrtausenden, dass es irgendwie in den
Abgrund führt, was die Menschen tun, und sie haben es nicht
ändern können. Ja natürlich nicht; denn die Macht
hatte eben immer einen Vorteil. Wenn ein Volk beschlossen hätte,
nachhaltig zu leben, es hätte nichts geholfen. Dann ist es
eben von seinen Nachbarn gefressen und weggeputzt worden, nicht.
Wenn ein Volk beschlossen hätte, pazifistisch zu sein, ja,
dann wäre es halt versklavt worden oder gar ausgerottet. Als
ich ein Kind war, galt das als völlig normal. Ich hab in der
Schule noch gelernt, dass wir nur überleben können,
wenn wir unsere Nachbarn ausrotten oder wenigstens versklaven. Es
ist noch gar nicht lange her. Und heute glauben die Menschen
genau dasselbe – mit etwas anderen Wörtern. Aber im
Grunde glauben sie immer noch genau dasselbe. Sie glauben, die
Menschen stehen miteinander in Konkurrenz um ihre
Lebensgrundlagen, und wer sich nicht die Lebensgrundlagen von
anderen aneignet, der wird Sklave, weil sich dann eben die
anderen seine Lebensgrundlagen aneignen, und dann muss er die
bedienen. Und die ganze Moderne ist erfüllt von dieser
Vorstellung, dass der Antrieb des Fortschritts ist, dass Menschen
versuchen müssen, sich die Lebensgrundlagen von anderen
anzueignen. Das nennt man Kapitalismus – und keiner hat
dabei heutzutage ein schlechtes Gewissen. Ja, es wird uns
erzählt, es gab ein paar andere Möglichkeiten in der
Nachbarschaft, die probiert worden sind, aber die sind
schiefgegangen, weil das nicht geht, und jetzt ist klar: Das ist
das Ende der Geschichte, der Kapitalismus hat die Erde übernommen
und jetzt ist die Geschichte zu Ende: So bleibt das jetzt! Das
ist der Inhalt des Buches von Francis Fukuyama über das Ende
der Geschichte. Was für ein Unsinn; es gibt ja
offensichtlich mehr als nur zwei Möglichkeiten. Die Frage
ist eben: Gibt es die Möglichkeit und ist sie erreichbar,
dass Menschen sich gemeinsam ihre Lebensgrundlagen garantieren?
Ist das eine vorstellbare Möglichkeit? Ist das eine Utopie?
Oder ist die Erde selbst diese Insel, auf der diese Utopie
konkret werden kann? Na, die Antwort ist völlig eindeutig.
Selbstverständlich geht das. Das ging die ganze Zeit nicht,
weil die Globalität noch nicht erreicht war. Das Denken und
das politische Handeln war Sache von einzelnen Völkern und
Gruppen, und da war in der Tat diese Utopie nicht erreichbar,
denn die Idee des Friedens und der Gerechtigkeit und der
Bewahrung der Schöpfung, die wurde dann halt von außen
weggefegt.
Wer versucht hat, solche Ideen bei sich zu
verwirklichen, der wurde halt weggefegt. Es ist jetzt natürlich
genauso, immer noch. Und trotzdem ist am Höhepunkt der
globalen Beschleunigungskrise etwas Neues in Sicht. Nämlich,
wenn wir diese Ideen in die Köpfe der Mehrheit bringen, dann
kann die Mehrheit die Welt verändern. Genau deshalb, weil
wir am Höhepunkt dieser Krise sind. Vorher ginge es nicht.
Und deshalb sehen wir auch, welchen Sinn das Wort Krise hat: Im
Höhepunkt einer Krise kann erst entschieden werden, ob sie
überwindbar ist oder nicht. Vorher geht das gar nicht. Aber
am Höhepunkt einer Krise wird auch entschieden, ob sie
überwunden wird oder nicht. Und nun wird klar, was die
Aufgabe der Menschheit ist, wenn sie sie überwinden will.
Sie muss sich so organisieren, dass das Große und das
Schnelle keinen selektiven Vorteil haben. und das heißt es
muss die Menschheit sich als Betätigungsfeld eine andere
Front im Reich der Möglichkeiten suchen, nämlich den
Fortschritt bei ihren höheren geistigen und seelischen
Fähigkeiten.
Altbekannte Sachen, nicht? Und wir
müssen nun also politisch organisieren das Ende des Kampfes
um Macht und der Ausbeutung. Und das ist überhaupt nicht
schwer. Wenn‘s in den Köpfen der Mehrheit ist, ist das
schon gelungen. Es ist noch nicht in den Köpfen der
Mehrheit.
Schauen Sie sich an, was heute die Mehrheit der
jungen Leute glaubt, was ihr Lebensziel ist: Leih dir ein
bisschen Geld, geh an die Börse, und da haste nächstes
Jahr zehnmal so viel, dann zahlst du das zurück und du bist
reich! Interessant, nicht. Interessante Idee! Wie geht das
eigentlich? Reich zu werden ohne jede Leistung? Also, Leistung
ist das natürlich. Diese Leistung lohnt sich auch, ganz
phantastisch. Aber es ist ohne jede Wertschöpfung. Es sind
die Lebensgrundlagen anderer Menschen angeeignet worden, die
einen bedienen und einen reich machen. Das ist die Idee. Eigne
dir Lebensgrundlagen von anderen an, und dann bedienen die dich.
Sie bedienen dein Kapital, dein Vermögen wächst. Das
ist die Fortsetzung der Sklaverei mit raffinierteren Mitteln.
Sklaverei hieß: Eigne dir andere Menschen an, dann bedienen
die dich und du hast es bequem. Na ja, irgendwann kamen ein paar
komische Leute, die auch erst sehr beschimpft wurden, auf die
Idee zu sagen: Das ist menschenunwürdig. Menschen dürfen
nicht andere Menschen als ihr Eigentum besitzen. Das geht nicht!
Es ist noch gar nicht so lange her, erst hundert Jahre vor meiner
Geburt ist es zum Gesetz in England geworden, dass Menschen
andere Menschen wirklich nicht als Eigentum besitzen dürfen.
Na ja, warum hat man diese Idee überwinden können? Ja,
weil die Bedienung sich auf andere Weise noch viel bequemer
organisieren ließ. Man muss sich nicht die Menschen
aneignen. Es genügt ja vollkommen, wenn man sich ihre
Lebensgrundlagen aneignet. Dann bedienen die einen genauso gut,
und man muss sich nicht noch um ihre Gesundheit und sonst was
kümmern. Das ist das Prinzip der letzten paar hundert Jahre,
immer raffinierter ausgebaut. Eine Minderheit eignet sich die
Lebensgrundlagen der Mehrheit an und die Mehrheit arbeitet daran,
die Vermögen dieser Minderheit wachsen zu lassen, auf Teufel
komm raus. Ganz wörtlich: Und wenn die Welt dabei
unterginge. Wir machen lauter Unsinn.
Wir sehen ja, wir
machen lauter Zerstörungsprozesse, aber wir nennen das
Wertschöpfung. Wir lassen es von unseren
Wirtschaftsprofessoren und fünf Weisen und was weiß
ich alles als Wertschöpfung bezeichnen und machen weiter so
und glauben, es geht nicht anders. Ja, natürlich geht‘s
anders. Was ist das für eine Idee, dass Menschen sich von
anderen bedienen lassen dürfen? Dass die ganze Gesellschaft
bereit ist, eine Sozialhilfe für die Reichen zu bezahlen?
Das ist die Kapitalbedienung. Das ist die Sozialhilfe für
die, die sowieso alles haben. Die verlangen, dass sie noch mehr
kriegen. Das ist die Idee unserer Wirtschaftsordnung. Wer etwas
hat, der hat nächsten Jahr ein paar Prozent mehr. Wenn einer
besonders viel hat, dann hat er nächstes Jahr sogar fünfzehn
Prozent mehr. Wenn er bloß ein bisschen hat, dann hat er
vielleicht nur zweieinhalb Prozent mehr, und in Wirklichkeit hat
er sogar weniger, weil er nämlich auch zu denen gehört,
die zu dem Wachstum der ganz großen Vermögen
beitragen. Nun, wie viel macht diese Sozialhilfe für die
Reichen aus? Das ist pro Tag in Deutschland in der Größenordnung
von zwei Milliarden Mark – jeden Tag! Und jetzt sehen Sie:
Die Sozialhilfe für die Armen, die ist Größenordnung
fünfzig Milliarden Mark im Jahr. Und jeden Tag stecken wir
denen, die sowieso schon alles haben, zwei Milliarden Mark zu und
glauben, das ist naturgesetzlich unvermeidlich und das muss so
sein. Ja, es geht halt nicht. Das führt dazu, dass die
Vermögen wachsen und wachsen – das exponentielle
Wachstum, das Bene Müller schon aufzeigte. Ja nun, als das
bei uns nach dem letzten Kaputtschlagen vor fünfzig Jahren
wieder anfing, da war das noch nicht so schlimm, da gab‘s
keine großen Vermögen. Ein paar Sachvermögen
zwar, aber die Geldvermögen waren noch vernachlässigbar.
Aber dann, was passiert? In fünfzig Jahren wachsen diese
Vermögen exponentiell, und heute sind sie so groß,
dass sie uns erwürgen. Obwohl nämlich mehr Geld da ist
als jemals in der Geschichte, heißt es ununterbrochen: Es
ist kein Geld da! Wenn wir einen Kindergartenplatz wollen oder
einen Studienplatz oder eine Altenpflege oder Krankenpflege oder
Sorge für die beschädigte Natur heißt es: Es ist
kein Geld da!
Ja wo ist es denn eigentlich? Es ist an der
Macht! Es übt eine ungeheure Macht über die ganze
Menschheit aus und erwürgt alle vernünftigen
Aktivitäten, weil es den Anspruch hat, zu wachsen –
leistungslos. Es sind die leistungslosen Einkommen: Wer was hat,
hat ohne was zu tun immer mehr! Und wir glauben das! Wie kommt
denn so was? Wo kommen denn solche Wahnideen her? Merkwürdig,
nicht? Ich empfehle ihnen, da mal drüber nachzudenken.
Und
jetzt sage ich noch ein paar Worte, wie die Gesellschaft des
siebten Tages aussehen könnte, in der diese Wahnidee
abgeschüttelt ist. Nun, was heißt es denn: Die
Menschen können heute alle menschenwürdig auf der Erde
leben, immer noch, auch diese sechs Milliarden, und notfalls, für
eine gewisse Zeit, auch noch acht Milliarden. Das trägt die
Erde noch. Bei relativ altmodischer Landwirtschaft kann fast
überall auf der Erde die Menschheit sich noch ernähren.
Heute sorgen in Deutschland nur noch zwei Prozent der Bevölkerung
direkt in der Landwirtschaft für unsere Ernährung. Als
ich geboren wurde war das noch die Hälfte. Und am Anfang des
Jahrhunderts, des vorigen Jahrhunderts, waren das in Deutschland
noch über drei Viertel der Bevölkerung, die direkt in
der Landwirtschaft tätig waren. Jetzt sind‘s noch zwei
Prozent, und die Europäische Gemeinschaft möchte
erreichen, dass es nur noch ein Prozent ist. Nun, ist das schlimm
oder gut? Natürlich ist es nicht ganz wahr, denn es ist ja
gleichzeitig ein großer Teil der Menschen immer noch damit
beschäftigt, Nahrung zu vergiften und zu verpacken und zu
transportieren. Im Grunde genommen müssten wir die auch noch
alle mitzählen, dann ist es doch wieder ein bisschen mehr
als diese zwei Prozent, aber auf jeden Fall ist eines deutlich:
Es sind nur noch wenige Menschen nötig, um die Bedürfnisse
aller anderen zu erfüllen. Die wesentliche Bedürfnisse
an Lebensgrundlagen, die wichtigsten Güter für alle
Menschen sind von einem kleinen Prozentsatz der Menschheit zu
schaffen. Ja, was für eine verrückte Idee, dass man
dann alles an der Arbeit festmacht und sagt: Wer nicht arbeitet,
soll auch nicht essen! So ungefähr, nicht?
[...]
überall angstvolle Gesichter: Um Gottes willen, da ist einer
verrückt geworden, nicht? Kommunist geworden oder so was.
Nun, es geht nicht darum, die kommunistischen Ideen
wiederzubeleben. Es gibt viel, viel bessere. Ich meine, der
Anfang des Kommunismus war natürlich sehr gut begründet.
Es war die Zeit, in der die kleinen Kinder in den Bergwerken
herumgekrochen sind und in den Kamin von reichen Leuten, damit
sie überleben konnten. Dass da Marx und Engels auf solche
Gedanken kamen, war sehr logisch und vernünftig. Nur ist es
halt dann entartet, weil einige andere Gesetze der Logik verletzt
worden sind und weil eben ein neues Wachstum von noch dümmerer
und noch bösartigerer Macht dadurch wahrscheinlich wurde.
Nun aber, wir können selbstverständlich eine
Gesellschaftsform entwerfen, zunächst im Kopf und dann in
der Wirklichkeit (in der größeren Wirklichkeit, der
Kopf ist ja auch Wirklichkeit), eine Gesellschaftsform, in der
diese Antriebe verschwinden. Das kann ich ihnen mit ein paar
Sätzen noch skizzieren.
Also, die leistungslosen
Einkommen werden abgeschafft bzw., wenn die Gesellschaft das
schafft, leistungslose Einkommen zu erzeugen, dann werden die
gerecht verteilt, das heißt vor allem an die, die selbst
leistungsschwach sind: die Kinder und die Alten und die Kranken
und die Behinderten. Es ist auch absolut logisch, wenn eine
Gesellschaft leistungslose Einkommen hervorbringt, dann schön
und gut. Aber warum denn denen geben, die sowieso schon alles
haben? Dann natürlich denen, die zu schwach sind, selbst
durch Leistung etwas zu erarbeiten, nicht? Absolut logisch und
ganz einfach und klar. Da braucht man nicht drüber zu
diskutieren. Erster Punkt.
Zweiter Punkt: Dazu gehört,
dass die Lebensgrundlagen aller Menschen eben gemeinsam gesichert
sind, garantiert sind. Das bedeutet nicht eine Gleichmacherei.
Das heißt nicht, dass alle Menschen gleich sein werden,
sondern es heißt nur, dass alle Menschen in der Beziehung
gleich sind, dass sie nicht miteinander um ihre Lebensgrundlagen
konkurrieren müssen. Sie können nach wie vor durch gute
Ideen, durch fleißige Arbeit mehr verdienen als die anderen
und sich dadurch ein schöneres Haus schaffen und eine
schönere Reise machen und in teurere Konzerte gehen.
Gleichmacherei bedeutet das nicht. Es bedeutet nur das
Abschneiden dieses ungerechtfertigten leistungslosen Einkommens
von denen, die sowieso schon fast alles haben.
Nächster
Punkt: Die öffentlichen Aufgaben werden nicht finanziert aus
Steuern der heutigen Art, sondern aus Steuern, die das Schädliche
behindern. Man soll nicht das besteuern, was vernünftigerweise
Menschen tun sollen, wo sie wirklich Leistung erbringen, die soll
man nicht besteuern. Leistung soll man fördern, wenn sie
keinen Schaden anrichtet. Das heißt, besteuern soll man die
Schäden. Nun, man soll das besteuern, was man als schädlich
erkannt hat. Natürlich wird darüber immer
gesellschaftlicher Streit sein. Aber einige Dinge gibt's ja, wo
sich jetzt schon alle darüber einig sind, dass sie schädlich
sind, nämlich zum Beispiel dieses halbe Körpergewicht
an Kohlendioxid jeden Tag in die Luft blasen, das wissen wir
genau, dass das schädlich ist, und es sind sich alle darüber
einig. Also, lassen wir uns das besteuern! Und, weil jetzt gerade
von der Ökosteuer wieder die Rede ist: Ja, wie hoch wäre
denn die Steuer auf Energieverbrauch in Deutschland, wenn
Deutschland heute beschließen würde, alle anderen
Steuern abzuschaffen und nur Energieverbrauch zu besteuern?
Klingt absurd, nicht. Aber rechnen Sie sich das mal aus. Wenn wir
alle deutschen Steuern abschaffen würden, von Bund, Ländern
und Gemeinden und Europa, alle Steuern weg und nur Steuer der
gleichen Gesamthöhe auf den Energieverbrauch setzen, dann
ist das etwa 25 Pfennig pro Kilowattstunde Primärenergie.
Das bedeutet ungefähr 2,50 DM pro Liter Öl und ungefähr
75 Pfennig pro Kilowattstunde elektrischen Strom. Das ist also
gar nicht... ja, sehen Sie, das ist ja beim Öl noch nicht
mal so viel, wie es die Grünen auf‘s Benzin tun
wollen. Und beim Strom ist es auch nur etwas, was also durchaus
im Rahmen liegt. Ich meine, es ist etwa dreimal so viel, was
heute der Normalverbraucher für seinen Strom bezahlt. Was
ist denn eigentlich so verrückt an dieser Idee? Und die
Dummheiten, die wir machen, und die zerstörerischen Prozesse
sind ja nicht nur der Energieverbrauch. Wir machen ja laufend
andere Dummheiten, ganz gefährliche. Wir setzen Chemikalien
frei, von denen wir also sogar wissen, dass sie schädlich
sind für die Biosphäre, millionentonnenweise. Wir
schöpfen das Grundwasser aus der Erde und benützen es
zum Autowaschen. Wir spülen die fruchtbaren Böden weg
durch die moderne Landwirtschaft. Wir vergiften die Böden
usw. Wir machen lauter Dummheiten. Lasst uns die doch besteuern!
Wir schürfen Erze aus der Erde, holen Blei heraus und
Schwermetalle und bringen die fein zerstäubt in die
Biosphäre hinein. Ja, das sind doch alles Sachen, die wir
besteuern müssten, nicht? Wir sehen, die Steuerbasis wird
lange nicht verschwinden, auch selbst, wenn diese Besteuerung
dazu führen würde, dass diese schlimmen Aktivitäten
sehr schnell schrumpfen würden. Natürlich würden
wir sehr schnell weniger Energie verbrauchen und wir würden
bessere Ideen haben, wie man mit Wasser umgeht und wie man das
Freisetzen von Chemikalien behindert usw. Aber die Steuerbasis
kann immer angepasst werden, denn eine Zivilisation ohne
Entropie-Erzeugung gibt es nicht, das heißt Schaden wird
immer angerichtet und man kann also immer, mittelfristig und
langfristig, die Steuerbasis anpassen an die jeweils zu jeder
Zeit größten Schäden. So, und zu diesem
Steuersystem würde auch noch gehören, dass man
überhaupt das Größenwachstum behindert, weil, wie
wir gesehen haben, an der Wurzel des Ganzen liegt ja der
selektive Vorteil des Großen. Also wird man eine
Größenbegrenzungssteuer einführen, nicht nur für
Eigentum, sondern auch für andere Formen der Machtausübung.
Also, das sind dann Feinheiten, wie man Größenbegrenzungen
einführen kann. Aber wir sehen, dass widerspricht natürlich
allen jetzigen Trends. Wir sehen ja jeden Tag neue Fusionen, weil
eben diese Fusion scheinbar einen Vorteil hat. Aber es ist kein
wirklicher Vorteil; es ist nur ein Vorteil für die, die
direkt daran beteiligt sind. Alle anderen haben einen Nachteil
davon.
Und der Fortschritt wird immer einfältiger und
immer rasender durch dieses Prinzip. Deshalb muss eben die
Gesellschaft das behindern. Das kann ich nicht erwarten von den
Reichen oder von den Politikern, die mit denen natürlich im
Bunde stehen aus logischen Gründen. Die Änderung der
Gesellschaft kann nur kommen aus Einsicht in den Köpfen der
Mehrheit. Aber wenn nun globale Kommunikation über diese
Fragen einsetzt, dann ist es tatsächlich vorstellbar, dass
jetzt auf dem Höhepunkt der globalen Beschleunigungskrise
diese Ideen in die Köpfe der Mehrheit kommen. Und wir haben
ja überall die Idee der Demokratie, also theoretisch glauben
ja alle daran, dass die Mehrheitsmeinung entscheiden soll. Ja,
dann lasst uns doch darüber reden über solche simplen
Dinge, solche logisch selbstverständlichen Aussagen, und
lasst uns versuchen, die in die Köpfe der Mehrheit zu
bringen! Und dann ist die globale Beschleunigungskrise
überwunden. Dann bricht der siebte Tag der Schöpfung
wirklich an: Ich meine, dass der Mensch sich seine
Lebensgrundlagen gegenseitig garantiert, dass die Grundlagen des
Menschen, also die Biosphäre, geschützt wird, erhalten
wird, dass der rasende Fortschritt in unbekannte Gegenden des
Reiches der Möglichkeiten behindert, beschränkt wird
und dass dem Menschen eine neue Front des Fortschritts eröffnet
wird. Die ist nicht neu, ich meine, wir sind schon lange an
diesem Punkt, nur ist es halt noch nicht gesichert: die Front des
siebten Tages, an der der Mensch sich mit dem beschäftigt,
wofür er eigentlich fähig ist, ohne seine eigenen
Wurzeln zu ruinieren. Das ist das, was wir die höheren
geistigen Fähigkeiten des Menschen nennen, dass er nämlich
glücklich sein kann, lieben kann, sich freuen kann über
das Wachsen seiner Kinder und über die Schönheit der
Welt und die Erhaltung der Welt. Und er kann auch Mathematik
treiben und alles Mögliche; er darf nur nicht glauben, dass
er in Eile diese Welt verbessern kann. Er muss sich damit
zufrieden geben, dass er so ist, wie er ist mit seiner
Gesundheit, wie sie in Jahrmillionen sich entwickelt hat.
Natürlich kann man ein bisschen an der Medizin arbeiten und
versuchen etwas zu machen, wenn‘s keinen großen
Schaden anrichtet, wahrscheinlich, das kann man schon. Aber diese
Vorstellung, dass man jetzt in Eile die ganze Welt verbessern
müsste, weil man sonst untergeht, die ist Quatsch.
Also,
ich höre jetzt mal einfach auf, ich glaube, ich bin fertig.
Es ist klar: Wir Menschen haben die Möglichkeit [die Krise
zu überwinden], ganz nah in der Nachbarschaft, sie ist
erreichbar, wenn in genügend vielen Köpfen danach
gezappelt wird. Und das können wir, darauf haben wir
Einfluss, zum Beispiel, wenn wir solche Veranstaltungen
organisieren und das weitertragen. Also, es ist nicht Utopie, der
Ort ist hier und jetzt. Die Erde ist global, aber nur, um eine
globale Verfassung zu finden und nicht, um alles einheitlich zu
regeln. Wir schaffen eine globale Verfassung, in der es gesichert
ist, dass es lokal in Frieden und Vielfalt weitergehen kann.
Vielen Dank.
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